Chana Tausendfels – Trommeln in der Nacht

TROMMELN IN DER NACHT

drei zeitgenössische Szenen nach Brecht.

Chana Tausendfels & Yehuda Shenef

40 Seiten, 5 €

ISBN: 978-3-7347-4426-6

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Published in: Allgemein on Februar 9, 2023 at 9:25 pm  Kommentar verfassen  

Chana Tausendfels – nun, wo all die Fliegen sterben

NUN WO ALL DIE FLIEGEN STERBEN

Und nun, wo all die Fliegen sterben

Wer wird sie nun beerben?

Sie kitzelten die Nasen

Nun bleiben sie den Hasen.

Sie kitzelten die Ohren

Mit Juckreiz in den Poren.

Sie kitzelten die Lippen

Als wollte sie was nippen.

Doch nun, die Fliegen sterben

Und wollen wir sie beerben?

Wollen wir all die Sachen

Anstatt der Fliegen machen?

Ich mein, das wird nichts werden

Schon gar nicht hier auf Erden.

Mir dünkt das ob der Fliegen

Vielleicht wir besser schwiegen.

  • Chana Tausendfels (1999)

Published in: Allgemein on Oktober 25, 2021 at 8:56 pm  Kommentar verfassen  
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Dieser Wind

 

DIESER WIND

 

Wie Knödel sitzen die Tauben

satt und träge wie Steine im Wind

der umgarnt sie wie der Strom beim Tauchen

taucht hinab und ist mein Kind

dieser Wind …

*

Man blickt zurück und denkt an sich

wie man einst war und sich erträumte

doch wie immer, war’s so nicht

man war so taub, dass man‘s versäumte

*

Jener Wind der uns wie Schnittblumen entnabelte

er weht uns durch Leben hin und her

und immer wenn der Weg sich gabelte

wurden die Beine … tonnenschwer

*

So sitzen die Tauben starr wie Steine

und fürwahr das Ganze wär‘ ein Segen

stolperten nicht unsere Beine

und die Hälfte strikt dagegen

*

Wir tauchen auf, wir tauchen ab

und wir trinken flaschenweis‘ Absinth

und dann: werden die Tage knapp

an den Ecken hier im Labyrinth

ach, dieser Wind …

*

* * *

(Chana Tausendfels, 14. September 2009)

 

 

 

 

Was Losigkeit bedeuten sollte …

.

Man darf nicht alles glauben, was man sich so denkt

Man soll auch nicht behalten, was man einem so schenkt

Und selbst mit der Liebe, sollte man doch spar’n

Um andere vor Schaden zu bewahren

.

Solang wir noch nicht wissen

Was Losigkeit bedeuten sollte

Sollten wir nicht behaupten

Das man sie selbst je wollte

.

Drum machen wir uns ehrlich

Denn: alles and‘re ist entbehrlich

.

(Chana Tausendfels, … Oktober 2015)

.

Published in: Allgemein on Oktober 24, 2015 at 10:53 am  Kommentar verfassen  

Zweck & Bester

Zweck & Bester

die Würde des Menschen

heißt es  kalt

sei unverletzlich

grad wie die Fülle der Wünsche

unermesslich

 

wie am Himmel die Sterne

wie die Körner am Meer

man hat alle gerne,

aber gibt kaum was her

 

und so fühlt sich noch ein jeder

der eine früher, der andre später

als der Menschen Letzter

als finaler Zweck & Bester

 

(Yehuda Shenef, 7. Oktober 2015, ‏כ“ה תשרי תשע“ו)

Augsburg Hauptbahnhof September 2015

Published in: on Oktober 8, 2015 at 3:26 pm  Kommentar verfassen  
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The Unintended San Francisco Conventicle

The Unintended San Francisco Conventicle

(note on a nameless suicide)

praying like a horse, goes without saying

since all night long someone is paying

thriving coped at an advanced course

 

San Francisco Golden Gate bridge crisis counseling message

look all those smart and lovely people

who qualify to be your therapist

but from their working desk or steeple

they just look down to fog and mist

* * *

as from North to South there comes a sobered mother

whose only son willingly capsized, and so … yet another

jumped at the gate, which is red and sure not golden

the interfaith prayers place, once supposed to embolden

* * *

but as the clouds hiding up the flaws

empty promises will no longer keep

grooming claws poke the fog

while the widows gently weep

* * *

the Berkeley boy wearily neighed his last sigh

swamped with void and hazy without hope

seemingly unable to cope

– something long passed by

* * *

he made no call for a fudge refuge

where the only substance is the fog

just said : après moi, la deluge

to avoid real life’s slog

SF golden gate bridge warning - use your brain

neighing prayers million-fold

often told on tipping toes

to mollify the mourners woes

not exactly what s been foretold

* * *

neither planes nor birds,

just geeks and nerds

sing their last lullaby,

 goodbye to rhythm and rhyme

* * *

while we stand around and look

disingenuously disinterested

ready for the thumb shot smile

                you got me!

* * *

*

* * *

(Yehuda Shenef, written Nov 16th, 2014)

 

Morgendliche Königskrähen

Die Königskrähen krähen

Hoch oben auf den Plätzen

Gefüllte Bäuche blähen

Drum sitzen sie und schwätzen

Der Wind rüttelt an den Ästen

Ich sitz spazierend, lauschend

Zähl zu den seltnen Gästen

Am Krächzen mich berauschend

Vierzig krächzen in den Bäumen

Viel weniger sind es nie

Sie lassen mich krähend träumen

Vielstimmige Symphonie

Doch bald werden Autos brummen

Und sich die Bänke füllen

Mit Säufern, und mit Dummen

Die in ihrer Weise brüllen

Chana Tausendfels, Sonntag morgens, Juni 2014 am Augsburger Königsplatz

Published in: Allgemein on Juni 15, 2014 at 9:26 am  Kommentar verfassen  
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The Elders of Erfurt

* * *

Einst ersannen die Weisen von Erfurt

Mal eben die Wieder-Geburt

Der längst schon vergessenen Juden

Und aus allen Bretterbuden

Meldete man noch ne Jungfrau’n-Geburt

* * *

The Elders of Erfurt

 

once the Elders of Erfurt

thought out headline-grabbing news

to rebirth long-forgotten Jews

so in any nook and cranny

they found claims to assert

* * *

Published in: on Juni 11, 2012 at 7:52 am  Comments (2)  
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2011 Ägyptische Plagen

Morgen soll der Prozess gegen Hosni „Faro“ Mubarak beginnen, angeklagt u.a. wegen Korruption, Amtsmissbrauch und dergleichen. Schön und gut. In deutschen und europäischen Medien, die jahrzehntelang weggeschaut haben, wird das wohlwollend zur Kenntnis genommen, so als würde man ihnen einen Gefallen tun. Tut man vielleicht auch, nur welchen?

Als der US-Präsident noch George W. Bush hieß und dieser überfällig demokratische Reformen in Ägypten anmahnte, meinte die Kommentatoren, dass das mal wieder typisch sei für die Kurzsichtigkeit des ungeliebten Dabbelju. Wie kommt er auf solche Ideen? Araber und Demokratie? Geht doch gar nicht. Entspricht nicht der Stammestradition und ist letztlich unvereinbar mit dem Stolz der Clans und so weiter. Es könne nun mal nicht die ganze Welt nach amerikanischen Wunschvorstellungen gedeihen. Nach Obamas Rede als Präsident in Kairo klang das schon wieder ganz anders. Wichtige Signale habe er gegeben, die Hand zur Versöhnung gereicht, Anreize gegeben. Als dann im Winter 2010/11 dann doch „die Araber“ Interesse an Demokratie bekundete, auch in Ägypten, dann sprach man vom „arabischen Frühling“ in Anspielung auf den „Prager Frühling“, wohl vergessend, dass dieser Monate später vom Militär geschluckt wurde.

Nun haben die Ägypter seit einem Monat ihren „ersten demokratisch gewählten Präsidenten“ von der Moslembruderschaft, der Urmutter der islamistischen Terror-Bewegung. Der deutsche Außenminister Westerwelle warb als einer der ersten im Westen und mit am lautesten dafür, „al Ich-Wahn al muslimum(الإخوان المسلمون) das nötige (?) Vertrauen auszusprechen, die Hand zur Versöhnung zu reichen. SO als ob Westerwelle Obamas Cairoer Rede hörte und sich angesprochen fühlte. So als ob die Muslimbrüder etwa nur ansatzweise duldend gegenüber Schwulen wären.

Mubarak als Diktator anzuklagen mag man „den“ Ägyptern gönnen oder nicht. Nur wie war das als in Konflikten zwischen Israel und den Palästinensern Mubarak wiederholt Positionen der Palästinenser ergriff und die israelische Regierung verbal angriff? Wer sagte da, dass dieser Mubarak ein Diktator sei, im Monat mehr Islamisten tötet als Israel in zwei Jahren? Richtig, keiner von denen, die jetzt ihre Hälse wenden und den bösen Diktator entlarven wollen.

Und wer ist Mursi? Ein Islamist, angeblich geläutert, der aber noch nicht mal drei Wochen brauchte, um sich mit der Führung der Hamas zu treffen und ihr seine Unterstützung zusagte. Wer meint, dass dies eine demokratische Gesinnung verkörpert, ist auf eine primitive Art und Weise dämlich und naiv, dass man sich nur wundern kann. Dass die selben westlichen Politiker, die in Netanjahu einen „Hardliner“ sehen, die bärtigen Kröte als Verkörperung demokratischer Reformen feiern, macht fast sprachlos. Vom antisemitischen Motivationen abgesehen ist es eine Beleidigung der jungen und modernen Ägypter. Nicht genug, dass der faschistoide Ich-Wahn überhaupt zur WAHL ZUGELASSN WURDE, er trug auch den Sieg davon und die enttäuschten Demokraten müssen sich unter dem Beifall der westlichen Super-Demokraten aus den USA, aus Deutschland, aus der EU der Herrschaft der „Islamo-Faschisten“ beugen, die Minderheitenrechte negieren, Frauen unterdrücken und für alle Problemfelder der Tagespolitik nur den Koran anbieten können, der logischerweise klarregelt, wie man Kopten behandelt und Frauen und Arbeitslosigkeit und Trinkwasseraufbereitung und jüdische Nachbarstaaten, wie man den Tourismus belebt ohne zu viele Touristen zu köpfen, Wohnungsbau betreibt und immer wieder Afrikas Fußballmeister wird.

Was soll dabei herauskommen? Muhamed Hosni M. ist 83 und wird vor Gericht abschneiden wie andere Angeklagte dieses Alters. Um das vorherzusehen, muss man kein Prophet sein. Und die bärtige Kröte, die uns Westerwelle und Co. sanft ans Herz legen wird den Schulterschluss mit anderen Islamisten suchen, dumm nur, dass die alle gerade mehr oder minder ebenfalls mit domestischen Problemen zu tun haben. So scheinen ja auch Gaddhafis Tage an der Macht gezählt. Auch Gaddhafi wurde ja lange Jahrzehnte vor allen von linken, liberalen Intellektuellen hofiert. Nicht obwohl er gegen Israel war, sondern wahrscheinlich sogar deshalb. Als Ölmulti konnte er immer spendabel sein und förderte mit Unsumme jeden der versprach den „Judenstaat“ zu delegitimieren. Inzwischen ein Selbstläufer. Gaddhafi aber ist wie Mubarak definitiv ein Auslaufmodell, aber keines, dass sich einfach vor Gericht setzen lassen wird wie Mubarak. Dazu ist die Figur zu theatralisch. Also wird ihr Ende auch so ähnlich sein – vielleicht wie bei Sadam Hussein, der im Erdloch ergriffen wird, aber um sich schießt oder wie dereinst der Führer der deutschen, Adolfus Hitler, zerbissen vom eigenem Schäferhund.

Leid tun mir nur die freiheitsliebenden Ägypter, die vom Sandsturm in den Schlamm geraten. Wenn sie Glück haben, wird Mursi die Kröte von der nächsten Katastrophe abgelöst. Wie die Geschichte der Tora bereits sagt, reicht den Ägyptern ein Schlag nicht zum Lernen aus und auf Murksi wie nach dem Militärputsch 87 Pest kommen oder eine andere Bestie.

Wait and see. Israel tut jedenfalls gut daran,  sich von der blinden Dämlichkeit der aktuellen Islamisten-Reinwäscher die Faschisten zu Demokraten erklären wollen, nicht beeindrucken zu lassen. In ein paar Jahren wird es ihnen furchtbar (!!) peinlich sein.

Wetten ..???

Alles gleichzeitig

Ich bin hier wegen der Musik

Nun ja, wegen dem Krach

Die Musik … oh Gott, es zieht mich runter.

Die ganze Zeit schon.

Ja, damals schon und jetzt.

Sicher, ich kenn die alte Leier

Nein, nein, sing weiter, bitte!

Na ja, es gibt so viel Zeug, dass ich noch nicht versteh

Wie schnell Tage zu Wochen werden und zu Monaten?

Und dann aber … bröseln Jahre sofort wieder

In einem bloßen Augenblick

Lautlos rieselnd … in der Sanduhr

Hat Gott die Zeit vielleicht nur erfunden,

damit nicht alles gleichzeitig stattfindet?

Ich liebe deine Musik

Wohl bevor ich überhaupt wurde

Vor langer Zeit

Wer weiß, wie lang schon

Wir dieses Lied sangen?

Gemeinsam mit dem Wind?

Aber bitte, es gibt so viel Zeug, dass ich noch nicht versteh

Wie schnell werden Tage zu Wochen und zu Monaten?

Und dann aber werden Jahre schnell wieder zu einem Augenblick

Rieselnd in der Sanduhr

Hat Gott die Zeit vielleicht nur deshalb erfunden,

damit nicht alles gleichzeitig stattfindet?

Ich weiß es nicht und

Ich versteh es nicht

… ich kam ja nur,

… weil ich die Musik sein wollte …

Chana Tausendfels

2. April 2000

Published in: on April 3, 2010 at 12:35 pm  Kommentar verfassen  
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